Gebbeken: "Wir setzen Schwerpunkte bei Bildung und Betreuung sowie Wohnraumversorgung und Mobilität"

Stadtrat verabschiedet Haushaltsplan mit großer Mehrheit

Lingen – In der letzten Ratssitzung am 14. März 2024 wurde mit den Stimmen der CDU/FDP-Gruppe und überwiegender Zustimmung der Fraktionen von SPD und Grünen der Haushaltsplan der Stadt Lingen (Ems) für die Jahre 2024 und 2025, ein sog. "Doppelhaushalt", verabschiedet. Der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CDU-Stadtratsfraktion, Hermann Gebbeken, hat mit folgender Stellungnahme die Zustimmung seiner Fraktion begründet:

 

 

 

"Heute wollen wir den Doppelhaushalt 2024/2025 für die Stadt Lingen verabschieden.


Und da bin ich gleich zu Beginn schon bei der entscheidenden Besonderheit, wir verabschieden einen Haushalt für 2 Jahre. Die Anregung, einen Doppelhaushalt zu verabschieden, wurde bei den Beratungen im letzten Jahr eingebracht und fand fraktionsübergreifend Zustimmung. Im Laufe der diesjährigen Beratungen hat der eine oder andere vielleicht Zweifel bekommen, ob es angesichts der politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten sinnvoll ist, gleich einen Haushalt, d.h. den wirtschaftlichen Rahmen der Stadtpolitik für 2 Jahre zu verabschieden. Bei aller Ungewissheit denke ich aber dennoch, dass es die richtige Entscheidung war. Ein Grund ist das Thema Investitionen, konkret die Haushaltsausgabereste im Finanzhaushalt. Wir schieben seit Jahren eine Bugwelle von Investitionen vor uns her, die wir aus verschiedenen Gründen nur zeitverzögert umsetzen können. Dies führt zu Unzufriedenheit auf allen Ebenen. Veranschlagte Planzahlen werden von Ausschreibungsergebnissen weit überholt, Baumaßnahmen werden in der Öffentlichkeit angekündigt, die Fertigstellung hinkt aber weit hinterher.

 

Mit dem Doppelhaushalt haben wir die Investitionen für 2 Jahre veranschlagt und können nun nach Rechtskraft die Maßnahmen gezielt abarbeiten. Zum 01.01.2025 liegt ein rechtskräftiger Haushaltsplan vor, die Verwaltung kann ohne Zeitverzögerung weiterarbeiten. Eines will ich aber nicht verhehlen: ich denke, dass wir für 2025 aller Voraussicht nach irgendwann einen Nachtrag benötigen. Wir werden dann die überschaubaren Punkte in den Gremien diskutieren, nach Bedarf mit Finanzmittel unterlegen und dann einen überschaubaren Nachtragshaushalt verabschieden.
Was sind jetzt die finanziellen Eckdaten für die nächsten 2 Jahre?
Der Ergebnishaushalt schließt für 2024 ab mit einem Defizit von 5,0 Mio. €, für das Jahr 2025 mit 3,5 Mio. €. Wir können diese Defizite ausgleichen durch unsere Überschussrücklage, die zum 31.12.2022 bereits 74,2 Mio. € beträgt. Damit liegt ein formal ausgeglichener Haushalt vor für die Jahre 2024 und 2025.
Unabhängig von dieser formellen Feststellung macht es Sinn, die Zahlen ein wenig intensiver zu betrachten und zu bewerten. Es ist ja bei weitem nicht so, dass die Rücklage gleichzusetzen ist mit einem Festgeldkonto in dieser Höhe.
Ein Blick auf die Deckungsmittel ist hilfreich.

 

Bei der Gewerbesteuer haben wir einen Ansatz von 46 Mio. € für 2024 und 47 Mio. € für das Jahr 2025 eingeplant.
Das Anordnungssoll Ende 2023 mit knapp 48 Mio. € zeigt, dass unsere örtliche Wirtschaft nach wie vor sehr robust und gut aufgestellt ist.
Die Gemeindeanteile bei Einkommen- und Umsatzsteuer sind auf konstantem Niveau, gegenüber 2023 kaum verändert.
Bei den Deckungsmitteln komme ich dann auch zu einem zentralen Thema der diesjährigen Haushaltsplanberatungen, das Thema Grundsteuer.
Die Verwaltung hat in ihrem Entwurf für den Doppelhaushalt vorgeschlagen, den Hebesatz für die Grundsteuer von 330% auf 440% anzuheben. Der Grund für diese Anhebung liegt im kommunalen Finanzausgleich. Bei der Berechnung der uns als Kommune zustehenden Schlüsselzuweisungen wird die eigene Steuerkraft gegengerechnet. Steuerstarke Kommune bekommen weniger Zuweisungen vom Land, so weit so gut. Ich erinnere an das letzte Jahr 2023, da haben wir als Stadt Lingen keinen Cent an Schlüsselzuweisungen bekommen wegen der hohen Gewerbesteuereinnahmen der Vorjahre.
Das Problem ist nicht der Finanzausgleich an sich, sondern die Art der Berechnung der jeweiligen Steuerkraft.

 

Bei der Steuerkraft aus den Grundsteuereinnahmen wird der durchschnittliche Hebesatz aller Kommunen auf Landesebene zugrunde gelegt. Dieser liegt aktuell bei 378%.
Dies führt im Ergebnis dazu, dass im letzten FAG-Zeitraum die Grundsteuereinnahmen der Stadt Lingen in voller Höhe gegengerechnet bzw. faktisch abgeschöpft werden.
Die Entscheidung, Steuern zu erhöhen, trifft niemand hier mal so eben nebenbei. Wir haben uns in der CDU-Fraktion intensiv mit dem Für und Wider auseinandergesetzt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Verwaltung vorgetragenen Gründe für eine Erhöhung der Hebesätze nachvollziehbar und stichhaltig sind. Die letztmalige Anpassung erfolgte zum 01.01.2012, d.h. wir haben die Grundsteuer über 12 Jahr konstant gehalten. Nach unserer Auffassung geht eine Erhöhung auf 440% jedoch zu weit. Wir haben daher vorgeschlagen, die Hebesätze für die Grundsteuer A und B auf 410% festzusetzen. Die Belastung für die Bürgerinnen und Bürger ist dadurch geringer, bei einem Einfamilienhaus betragen die Mehrkosten etwa 50-60 € pro Jahr. Und im System des Finanzausgleichs verbleiben in den nächsten Jahren erhöhte Anteile bei der Stadt ohne Anrechnung auf die Schlüsselzuweisungen. Uns ist sehr wohl bewusst, dass unser Vorschlag bei den Deckungsmitteln ein Fehl von ca. 750.000 € bedeutet, was natürlich zu einer entsprechenden Erhöhung des Kreditbedarfes führt.

 

Das halten wir unter Abwägung aller Aspekte für vertretbar. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass unser Vorschlag im Finanzausschuss mehrheitlich unterstützt wurde.
Die BN schlägt zum Thema Grundsteuer vor, alles so zu belassen, wie bisher und zu versuchen, mit einer Klage gegen das Land Niedersachsen den kommunalen Finanzausgleich zu ändern. Eine solche Position zu vertreten, da macht man es sich sehr einfach. Wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen, die erhöhen die Steuern. Was nicht erwähnt wird ist die Tatsache, dass damit im Haushalt jährlich Deckungsmittel i.H.v. von 2,9 Mio. € fehlen.
Der Gegenvorschlag der BN, pauschal 4% der Personalkosten einzusparen, erscheint wenig durchdacht. Rein rechnerisch bedeutet dies ein Einsparung von ca. 1,5 Mio. € jährlich. Dies reicht natürlich bei weitem nicht, die Mindereinnahmen auszugleichen, führt damit zu noch höherer Verschuldung. Und eine konkrete Umsetzung des Vorschlags? Die vorgeschlagene Einsparung bedeutet eine Streichung von ca. 30 Personalstellen. Nach Rückfrage beim Personalamt gehen in den kommenden Jahren etwa 15 Personen jährlich in Rente bzw. Pension. D.h. es handelt sich hier um einen Stellenabbau von 15 zusätzlichen Stellen neben dem demografischen Wandel. Gleichzeitig können wir dann sämtliche Studenten und Azubis nicht übernehmen. So viel zum Vorschlag der BN-Fraktion.

 

Was sind nun die wesentlichen Eckpunkte im vorliegenden Haushalt, wo setzen wir als CDU-Fraktion bzw. CDU/FDP-Gruppe unsere Schwerpunkte?
Ein wesentlicher Teil ist wie in den Vorjahren der Bereich Kindertagesstätten. Im Ergebnishaushalt ist für 2024 ein Budgetbedarf von 14,2 Mio. € geplant, für 2025 sind es 14,6 Mio. €. Das Budget deckt die Kosten unserer eigenen Einrichtungen ab genauso wie die Defizitabdeckung bei den freien Trägern.
Schaut man sich die Entwicklung bei den Transferaufwendungen, d.h. die Zahlungen an die freien Träger an, so wird noch mal mehr deutlich, dass die Förderung der Kindertagesstätten für uns große Priorität hat. Im Haushaltsplan 2020 waren 7,8 Mio. € an Transferaufwendungen eingeplant, 2024 sind es bereits 12,2 Mio. € und in 2025 dann 12,7 Mio. €. Die Nachfrage nach Betreuungsplätzen ist in unserer Stadt nach wie vor groß und diese Nachfrage müssen und vor allem wollen wir bedienen. Eine gute und bedarfsgerechte Ausstattung mit KiTa-Plätzen ist nicht zuletzt auch ein Standortvorteil für Lingen (Ems) im Wettbewerb um Fachkräfte.
Sozusagen direkt anschließend an die Kindertagesstätten hat auch die Schullandschaft bei uns in Lingen große Priorität. Wir wenden auch im Doppelhaushalt 2024/2025 erhebliche Mittel auf für den Neubau, die Unterhaltung und Ausstattung unserer Schulen auf. Im Finanzhaushalt sind in beiden Jahren kumuliert 6 Mio. € veranschlagt.

 

Daneben ist im Ergebnishaushalt die laufende Bauunterhaltung für 2024 mit 1,4 Mio. € vorgesehen, für 2025 mit 1,9 Mio. €. Insgesamt wird deutlich, dass wir große Anstrengungen unternehmen, sowohl für die Grundschulen als auch für die Friedensschule ein optimales äußeres Lernumfeld zu schaffen.
An dieser Stelle möchte ich noch auf einen Antrag der SPD-Fraktion eingehen.
Wir haben den Antrag zur Schaffung weiterer Personalstellen Schulsozialarbeit abgelehnt. Wir haben dies nicht getan, weil wir die Arbeit nicht für gut und notwendig halten. Ganz im Gegenteil. Wir teilen die Auffassung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gute Arbeit leisten, die wichtig ist und gestärkt werden sollte. Hier gilt aber ausdrücklich, dies ist nicht unsere Aufgabe, zuständig ist das Land Niedersachsen. Und wenn die Stadt Lingen dann in den letzten Jahren bei Vergabe von Landesmitteln für diese Arbeit kurz gesagt hinten runtergefallen ist, weil wir schon selbst aktiv geworden sind, dann wird es Zeit, diesen Punkt dem Land gegenüber noch mal deutlich anzusprechen.
Neben dem Bereich Bildung und Betreuung ist das Thema Wohnraumversorgung für eine wachsende Stadt wie Lingen natürlich ein Schwerpunkt.

 

Für den Haushalt 2023 hatten wir beantragt, die LWB mit zusätzlichem Eigenkapital auszustatten, indem die Stadt weitere Genossenschaftsanteile i.H.v. 1,25 Mio. € erwirbt. Nach Auskunft der Verwaltung hat das Innenministerium in Hannover bis heute kein grünes Licht gegeben, diese Maßnahme umzusetzen. Man ist immer noch in der Prüfung. Von allen Seiten wird neuer Wohnraum, vor allem bezahlbarer Wohnraum gefordert. Wir haben mit der LWB ein geeignetes Instrument geschaffen, haben bereits erfolgreich Projekte realisiert, stellen nun weiteres Kapital zur Verfügung, und werden einfach ausgebremst. Gelinde gesagt ein starkes Stück, eigentlich ein Skandal. Die SPD hat für den Doppelhaushalt 2024/2025 beantragt, eine Wohnraumoffensive zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum mit einer Kapitaldeckung von 500.000 € zu schaffen. Wir tragen diesen Punkt ausdrücklich mit und begrüßen, dass es gelungen ist, einen gemeinsamen Leitantrag zur Förderung des Wohnungsbaus in unserer Stadt zu formulieren.
Dieser Antrag steht ja heute im Anschluss an die Haushaltsverabschiedung auf der Tagesordnung. Dass eine solche Initiative dringend notwendig ist, bescheinigt uns noch mal der kürzliche veröffentlichte Wohnungsmarktbericht der N-Bank. Bis zum Jahr 2040 bestehen danach sowohl bei Ein- und Zweifamilienhäusern als auch bei Mehrfamilienhäusern erhebliche Neubaubedarfe.

 

Wir werden an verschiedenen Punkten ansetzen können und müssen. Dies ist sicherlich die weitere Einbindung der LWB, aber auch die Stadt selbst mit der ZGW oder eine neue, stadteigene Gesellschaft. Denkbar sind auch Werkswohnungen, um auch für Fachkräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter notwendigen Wohnraum zu schaffen.
Unsere Stadt Lingen (Ems) ist nach wie vor interessant für neue Mitbürgerinnen und Mitbürger. Ich kann mich gut daran erinnern, es ist zwar schon einige Jahre her, da wurde uns im Rat hier von Gutachtern vorausgesagt, dass die Einwohnerzahl deutlich sinkt. Dies ist nicht eingetreten, ganz im Gegenteil. Die Zahl der Arbeitsverhältnisse am Standort steigt kontinuierlich, die Einwohnerzahl wächst, und das ist gut so.
Wir haben eine funktionierende Bildungslandschaft mit KiTa und Schule. Wir schaffen Wohnraum und auch das Freizeitangebot kann sich sehen lassen mit Emsland-Arena, Theater, Sportvereinen und vieles mehr.
Bei steigender Bevölkerungszahl rückt neben der Frage nach Wohnraum, Kita und Schule auch das Thema Mobilität in den Vordergrund. Es stellt sich für jeden einzelnen die Frage, wie komme ich in unserer Stadt von A nach B, und genauso die Frage, wie wir die zunehmenden Verkehre organisieren und abwickeln.

 

Die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Grüne/FWL haben Anträge zu dem Thema gestellt. Wir unterstützen diese Anträge und erhoffen uns, dass wir mit dem zu erstellenden Mobilitätskonzept den Verkehr in unserer Stadt für alle Beteiligten dauerhaft optimal organisieren können.
Abschließend möchte ich noch mal einen gedanklichen Strich unter den Doppelhaushalt 2024/2025 ziehen.
Die Ergebnishaushalt schließen in beiden Jahren ab mit einem Defizit, wir können die Fehlbeträge durch die Überschussrücklage ausgleichen.
Das Investitionsprogramm erfordert im Jahr 2024 eine Netto-Neuverschuldung von 16,3 Mio. €, für 2025 sind 13,1 Mio. € veranschlagt. Wir halten dies mit Blick auf die notwendigen wichtigen Investitionen – das möchte ich ausdrücklich festhalten – für verantwortbar. Und das ist nicht nur so daher gesagt, sondern, und hier wiederhole ich mich gerne, die finanzielle Entwicklung der letzten Jahre gibt uns Recht.
Wir haben in den Jahren 2017 bis 2022 Kreditermächtigungen im Gesamtumfang von 72,5 Mio. € veranschlagt. Tatsächlich in Anspruch genommen haben wir davon keinen einzigen Euro.

 

Die Investitionskredite im Kernhaushalt konnten durch die ordentliche Tilgung im Zeitraum 2016 bis 2022 von 32,6 Mio. auf 23,6 Mio. zurückgeführt werden. Damit wird deutlich, dass wir trotz zum Teil schwieriger Planzahlen nach wie vor finanziell gut aufgestellt sind und die im Doppelhaushalt 2024/2025 veranschlagte Neuverschuldung durchaus verantwortbar ist. Für das Jahr 2023 liegt uns der Abschluss natürlich noch nicht vor. In der Finanzausschuss-Sitzung im Dezember konnten wir aber die abschließenden Zahlen zu den Steuereinnahmen zur Kenntnis nehmen mit einer Verbesserung gegenüber dem Plan i.H.v. 7 Mio. €. Damit können wir davon ausgehen, dass auch das Jahresergebnis insgesamt besser ist als geplant.
Der Haushalt Doppelhaushalt 2024/2025: ein besonderer Haushalt für die Stadt Lingen, der die richtigen Akzente setzt. Die städtische Infrastruktur wird auf hohem Niveau erhalten und dort ausgebaut, wo es notwendig ist. Insgesamt sind die Investitionen mit Augenmaß veranschlagt. Damit sollte es uns gelingen, bis Ende 2025 auch die großen Haushaltsausgabereste zumindest ein Stück weit abzubauen, länger geplante Projekte umzusetzen. Ich habe zu Beginn darauf hingewiesen.

 

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich mich bedanken. Der Dank gilt unserer Kämmerin Monika Schwegmann und ihrem Team. Ihr habt das umfangreiche Zahlenwerk erarbeitet und die Beratungen im Finanzausschuss professionell vorbereitet. Herzlichen Dank!

 

Wir haben auch in diesem Jahr in den Beratungen im Finanzausschuss sachlich fair diskutiert. Wir haben Kompromisse gefunden und der eine oder andere Vorschlag der Minderheitsfraktionen findet sich im Haushalt wieder. Daher würde ich mich freuen, wenn wir heute eine deutliche Mehrheit für das Zahlenwerk bekommen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!"